Sebastian Hartmann: Die CSU muss ihren Affenzirkus beenden

Im Nachgang der Abberufung von Hans-Georg Maaßen als Präsident des Verfassungsschutzes erklärt Sebastian Hartmann, Vorsitzender der NRWSPD:

Die SPD hat – ebenso wie viele Bürgerinnen und Bürger – das Vertrauen in Hans-Georg Maaßen verloren. Ursprüngliches Ziel seiner Berufung war es, neues Vertrauen in die Arbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz aufzubauen, das durch die beispiellose Terrorserie des NSU, die Affären um V-Leute und Fehler in der Aufklärung erschüttert war. Dieses verloren gegangene Vertrauen konnte Herr Maaßen nicht wiederaufbauen. Er hat versagt. In einer innenpolitisch angeheizten Situation hat er durch eigenwillige Pressearbeit für weitere Irritationen gesorgt. Er hat die Öffentlichkeit gesucht und gleichzeitig die Regierung nicht informiert. Seine Behauptungen musste er relativieren. Maaßen war der falsche Mann am falschen Platz.

Eine neue Präsidentin oder ein neuer Präsident des Verfassungsschutzes steht vor einem Scherbenhaufen. Gelingt kein umfassender und vertrauensbildender Neustart, stehen das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Architektur deutscher Sicherheitsbehörden insgesamt grundlegend in Frage. Ein „Weiter so“ und ein bloßer Personalwechsel an der Spitze werden nicht reichen. Polizei, Sicherheitsbehörden und Innere Sicherheit sind bei der Union in den falschen Händen. Die CDU/CSU trägt seit 2005 auf Bundesebene Verantwortung für dieses Ressort. Die zunehmende Verunsicherung der Bevölkerung ist Ausdruck des jahrzehntelangen Versagens der Konservativen in diesen Bereichen.

Die SPD ist nach einem schwierigen Abwägungsprozess in die große Koalition eingetreten. FDP und Grüne haben sich vor der Verantwortung gedrückt. Unser Ziel war und ist es, eine stabile Bundesregierung zu bilden und die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu lösen: Sichere Rente, bezahlbares Wohnen, mehr Gerechtigkeit im Gesundheitssystem und ein sozialer Arbeitsmarkt, um nur einige Stichworte zu nennen. Das Ziel einer stabilen, an Sacharbeit orientierten Regierungsarbeit, wird erkennbar nicht erreicht und durch ein populistisches Possenspiel der Christsozialen überlagert. Verantwortlich dafür sind Horst Seehofer und seine CSU, die mit einem unverantwortlichen Affenzirkus und trumpschen Populismus das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Bundesregierung systematisch verspielen. Die neuerliche Aktion der CSU zeigt deutlich: Frau Merkel hat ihre Autorität in ihrer letzten Amtszeit verloren. Ein sozialdemokratischer Bundeskanzler hätte den deutschen Innenminister in die Schranken gewiesen und durchgegriffen.

Die Ernennung Hans-Georg Maaßens als Staatssekretär dient nicht der Gesichtswahrung eines politischen Spitzenbeamten. Es ist in Wahrheit die öffentliche Demütigung der Bundeskanzlerin und ein Affront gegen die SPD. Das erschütterte Vertrauen in die Regierungsfähigkeit der CDU/CSU wird so nicht wiederhergestellt, sondern noch verschlimmert. Die Versetzung von Staatssekretär Gunther Adler in einstweiligen Ruhestand setzt dem gesamten Vorgang die Krone auf. Darüber wird an anderer Stelle zu reden sein.

Wir brauchen spätestens nach der bayerischen Landtagswahl einen kompletten Neustart der Koalition. Wir fordern die CSU auf, sich zum geschlossenen Koalitionsvertrag zu bekennen und endlich mitzuregieren. Es bestehen berechtigte Zweifel daran, dass die CSU das mit dem bestehenden Personal glaubhaft kann. Die Koalition steht vor einem heißen Herbst. Ein Weiter so darf es nicht geben. Die SPD kann nicht dauerhaft das politische Korrektiv für die Regierungschaoten der Union sein.

Horst Seehofer und die CSU haben den Vorrat an politischen Gemeinsamkeiten in der Großen Koalition faktisch aufgebraucht. Wenn Herr Seehofer sich mit seinen andauernden Provokationen weiter in Opposition zur Koalition stellen will, sollte er die Konsequenz ziehen und gehen.

Die Regierung trägt die Verantwortung dafür, dass ihre Handlungen von den Bürgerinnen und Bürgern nachvollzogen werden können. Das momentane Chaos versteht kaum noch jemand. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir als SPD Frau Merkel sagen: Es geht um unsere repräsentative Demokratie und in dieser Art und Weise können wir keine Politik machen.


Zum Fall Maaßen:

Sebastian Hartmann im Interview mit dem WDR 5 Morgenecho