Landwirtschaft und Trinkwasserschutz im Rhein-Sieg-Kreis

Nach der Fraktion vor Ort-Veranstaltung am 10. März 2016 finden Sie hier einen Überblick über die Ergebnisse und zusammengetragenen Informationen mit vielen weiterführenden Links zum Thema "Landwirtschaft und Trinkwasserschutz – ein Konflikt?"

Ergebnis-Thesen der Diskussionsveranstaltung:

  • Schärfere bundeseinheitliche Regelungen über die Düngemittelverordnung und lokale Kooperationen, basierend auf freiwilligen Absprachen und Engagement, ergänzen sich sinnvoll. Die gesetzliche Grundlage umfasst Mindeststandards, die Kooperationen im Rhein-Sieg-Kreis in gegenseitiger Absprache übertreffen.
  • Landwirte sind ein Teil der Lösung. Die Landwirtschaft prägt unsere Region und ist nicht der schwarze Peter im Spiel. Vielmehr sind Landwirte essentiell an der Verbesserung unserer Trinkwasserqualität beteiligt.
  • Gülle ist ein Wirtschaftsgut. Als wichtiges Düngemittel für die Lanwirtschaft unserer Region ermöglicht die Gülle ertragsreiche Ernten – wenn sie maßvoll eingesetzt wird.
  • Gülle ist Teil eines ökologischen Kreislaufs. Das angebaute Viehfutter wird verwertet und fördert über die Ausbringung auf den Feldern wieder den Anbau neuer Pflanzen.
  • Trinkwasser ist nicht gleich Wasser oder Grundwasser. Trinkwasser hat als Lebensmittel eine besondere Rolle.
  • Das Trinkwasser im Rhein-Sieg-Kreis und in Swisttal zeigt gute Werte. Einzelne Messstellen weisen erhöhte Messwerte auf.
  • Kooperation und Beratung sind effektiv – für die Landwirtschaft und die Trinkwasserqualität.

    Bericht der Veranstaltung:

    Gemeinsam mit Wilhelm Priesmeier, MdB, Sprecher der AG Ernährung und Landwirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion, Renate Block von der Landwirtschaftskammer NRW und Beraterin für den Arbeitskreis Landwirtschaft, Wasser und Boden im Rhein-Sieg-Kreis sowie Nils Cremer, Ansprechpartner für Grundwasserqualität des Erftverbands trafen am Donnerstag mehrere fachkompetente Perspektiven zum Thema Trinkwasserqualität und Düngeverordnung aufeinander.

    Über 100 Anwohner, Landwirte, Vertreter von Bürgerinitiativen, Kommunalpolitiker, interessierte Bürger und auch überregionale Interessierte diskutierten im Dorfhaus Swisttal-Miel mit.

    Der Schutz unseres Trinkwassers und die landwirtschaftliche Nutzung in unserer Region sind zwei wichtige Aspekte unseres Alltags im Rhein-Sieg-Kreis.

    Angesichts der gestiegenen Belastung unseres Grundwassers durch Nitrate und der Oberflächengewässer durch Phosphate müssen wir über Perspektiven für die Vereinbarkeit von landwirtschaftlicher Arbeit und einem effektiven Schutz unseres Wassers als wichtige Ressource diskutieren.

    Etwa die Hälfte der Grundwasservorkommen erreichte 2015 nicht den "guten chemischen Zustand" der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. An 15 Prozent der Messstellen ist die Nitratbelastung so hoch, dass sie nicht ohne weiteres zur Trinkwassergewinnung genutzt werden können. Die SPD-Bundestagfraktion hat bereits reagiert und arbeitet an einer Reform der Vorgaben für eine umweltverträgliche Düngung. Am 17. März, in wenigen Tagen, liegt der Gesetzesentwurf zur Notifizierung bei der EU in Brüssel vor.

    Genau der richtige Zeitpunkt, um mit den Beteiligten das Gespräch zu suchen. Dies zeigte auch die Veranstaltung in Swisttal. Sachdienliche Hinweise, praxisnahe Anregungen und ein reger Austausch zwischen den Interessierten folgten den fachlichen Einführungen unserer Referenten.

    Die PodiumsteilnehmerInnen:

  • Sebastian Hartmann, MdB
    Als Bundestagsabgeordneter aus Rhein-Sieg war Sebastian Hartmann Gastgeber und Organisator des Abends. Im Anschluss an die Diskussionsveranstaltung stellt er alle Informationen online zur Verfügung und greift das Thema in seinem Newsletter auf. Sie wollen diesen mitverfolgen und aktuelle Informationen erhalten? Schreiben Sie eine formlose Nachricht an sebastian.hartmann@nullbundestag.de
    Sebastian Hartmann stellt sich vor
  • Dr. Wilhelm Priesmeier, MdB
    Als Sprecher der AG Ernährung und Landwirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion sowie ehemaliger Tierarzt ist die Landwirtschaft und das Thema Düngemittelverordnung sein Fachgebiet. Kurz vor der Notifizierung durch die Europäische Union am 17. März erläuterte den aktuellen Stand rund um die Düngemittelverordnung und stand dem Publikum für Fragen zur Verfügung.
    Homepage von Dr. Wilhelm Priesmeier
  • Dr. Renate Block
    Als Vertreterin der Landwirtschaftskammer NRW und Beraterin für den Arbeitskreis Landwirtschaft, Wasser und Boden im Rhein-Sieg-Kreis (ALWB) schilderte sie die kooperative Zusammenarbeit von Landwirten zum Schutz von Böden und Gewässer.
    Homepage des ALWB
  • Dr. Nils Cremer
    Der Erftverband erforscht die komplexen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, bewirtschaftet das Grundwasser, stellt die Wasserversorgung sicher und schützt die zahlreichen Feuchtgebiete.
    Als zuständiger Ansprechpartner für die Grundwasserqualität erläuterte Dr. Nils Cremer den Ist-Zustand und Umweltprozesse, die das Trinkwasser beeinflussen.
    Homepage des Erftverbands

    Weitergehende Informationen:

  • Wo kommt mein Trinkwasser her? Wassereinzugsgebiete im Rhein-Sieg-Kreis (ALWB)
  • Erster Entwurf zur Änderung des Düngerechts – Drucksache
  • Nitrat im Grundwasser – Studie des Erftverbands
  • Gewässerschutzkooperation im Langeler Bogen e.V.: Arbeitskreis Drüber und drunter
  • Trinkwasserqualität in Siegburg, Hennef, Königswinter und Much (Rhenag)
  • Wasseranalysen in Swisttal
  • Der Wahnbachtalsperrenverband (WTV)
  • Grundwasser und Landwirtschaft in NRW – Homepage des Landesministeriums
  • Nitratbelastung in Grundwasser in NRW
  • Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer NRW
  • Nitrat im Grundwasser: Situation 2010-2013 und Entwicklung 1992-2011 in NRW

    Falls Sie der Meinung sind, dass falsch gedüngt wurde, finden Sie hier den richtigen Ansprechpartner
    Ansprechpartner zur Gülle-Düngung

    Düngerecht für Einsteiger

  • Grundproblem:
    Überdüngung in der Landwirtschaft bringt den Nährstoffhaushalt im Boden ins Ungleichgewicht. Nitrate und Phosphate können nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen werden und gelangen ins Grund- und Trinkwasser. Dies ist schädlich für die menschliche Gesundheit und Umwelt.
  • Düngemittel und die Europäische Union:
    Bereits 2013 hat die Europäische Union ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen unzureichender Umsetzung der EG-Nitratrichtlinie eingeleitet. Die Novellierung des deutschen Düngerechts (Düngeverordnung und Düngegesetz) ist dringend erforderlich, um das laufende Vertragsverletzungsverfahren noch abwenden zu können und vor allem die landwirtschaftlichen Nährstoffüberschüsse wirksam zu reduzieren.
  • Zeitplan der Düngemittelverordnung:
    Am 25. Februar fand die Erste Lesung im Bundestag zum neuen Düngegesetz im Deutschen Bundestag statt. Am 14. März folgt eine Öffentliche Anhörung zum Düngerecht im Bundestag. Am 17. März liegt der Gesetzesentwurf bei der EU zur Notifizierung vor. Zwischen Mai und Anfang Juli werden Düngegesetz, Düngeverordnung und AWSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) verabschiedet sein. Am 8. Juli ist die letzte Möglichkeit vor der Sommerpause mit der Sitzung des Bundesrat.
  • SPD-Forderungen:
    Die Hoftorbilanz, also die Erfassung der Nährstoffzufuhr und –abfuhr in landwirtschaftlichen Betrieben, muss Teil des Düngerechts sein. Mit dieser Forderung konnte sich die SPD gegenüber dem Bundeslandwirtschaftsministerium durchsetzen. Die Einführung der Hoftorbilanz muss mit einem klaren Zeitplan versehen werden. Die SPD-Bundestagsfraktion sieht in der jetzigen Novelle des Düngegesetzes nur einen Zwischenschritt auf dem Weg zur wirksamen Reduzierung landwirtschaftlicher Nährstoffüberschüsse.
  • Gülle-Ausbringung aktuell:
    Die in der Gülle enthaltenen Nährstoffe und Kohlenstoffe sind Düngemittel. Die Ausbringung der Gülle erfolgt nach der Düngeverordnung (170 Kilogramm je Hektar). Eine Sperrfrist besteht vom 1. November (Ackerland) bzw. 15. November (Grünland) bis zum 31. Januar. Die Landwirtschaftskammer NRW kontrolliert die Einhaltung der Düngeverordnung. Geringer Viehbesatz in der Region spricht eher gegen eine regionale Überdüngung. Kontrolliert wird nach Beschwerden sowie die Buchhaltung des Düngerankaufs. Außerhalb der Sperrzeiten und bei Überdüngung kann die Vegetation die in der Gülle enthaltenen Nährstoffe nicht aufnehmen.
  • Gülle & Biogas:
    Durch die Vergärung der Gülle wird Methan erzeugt. Dieses wird durch Verbrennung in Gasmotoren zu elektrischer Energie. Das verbleibende Gärsubstrat ist wiederum ein wertvolles Düngemittel.
  • Gülle aus den Niederlanden:
    In den Niederlanden fällt mehr Gülle an, als Fläche zur Gülle-Ausbringung zur Verfügung steht. Die überschüssige Gülle wird zum Großteil nach Deutschland transportiert und an Landwirte, die zu wenig Gülle besitzen, verkauft. Nur 0,8 Prozent der 2012 im Rhein-Sieg-Kreis ausgebrachten Gülle stammten aus den Niederlanden. Gülle darf in den Niederlanden nur bis zum 1. September ausgebracht werden. September und Oktober sind damit die Hauptexportmonate.
  • Trinkwasser in NRW:
    Für die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser hat in Nordrhein-Westfalen das Oberflächenwasser eine große Bedeutung. Vor allem in den Festgesteinsgebieten sowie in den großen Städten an Rhein und Ruhr wird vorwiegend Oberflächenwasser (Talsperren) oder Mischungen aus Oberflächenwasser und Grundwasser (Uferfiltrat, künstlich angereichertes Grundwasser) für die Versorgung bereitgestellt. Grundwasser wird insbesondere in der Niederrheinischen Bucht und dem Münsterland aus den ergiebigen Porengrundwasserleitern gewonnen.

    Die Einzugsgebiete der Wassergewinnungsanlagen werden durch Wasserschutzgebiete vorsorgend geschützt. In Wasserschutzgebieten können durch Verordnung Verbote oder Genehmigungspflichten erlassen werden. Darüber hinaus bestehen in den meisten Trinkwassereinzugsgebieten langjährige Kooperationen zwischen den Wasserversorgern und Landwirten, bei denen gewässerschonende Landbaumaßnahmen eingesetzt werden, um gewässergefährdende Stoffeinträge (Nitrat, Pflanzenschutzmittel) zu vermeiden oder zu vermindern. Im Rhein-Sieg-Kreis ist dies beiospielsweise der ALWB (Arbeitskreis Landwirtschaft, Wasser und Boden).