Große Show, statt sachliche Auseinandersetzung: Schwarz-grünes Meinungswirrwarr um Siegtalstrecke

Verblüfft und verärgert zeigt sich die SPD über die Hauruck-Aktion von CDU und Grünen im Verkehrsausschuss des Rhein-Sieg-Kreises, sich ohne irgendeine gesicherte Daten- und Faktengrundlage gegen den zweigleisigen Ausbau der Siegtalstrecke auszusprechen. Die CDU-Kreistagsfraktion stellte sich mit diesem Votum auch gegen die von Landrat Schuster (CDU) geführte Kreisverwaltung, die eine sehr differenzierte Stellungnahme mit ersten Bewertungen zu Chancen und Risiken vorgelegt hatte, die weitere Untersuchungen anmahnte.

"In der Sache sind wir ebenfalls sehr kritisch und halten die vorliegende Studie für nicht aussagekräftig genug, um darauf eine Entscheidung über den Ausbau der Siegtalstrecke aufbauen zu können. So ist es z.B. überhaupt nicht klar, was in die Kostenschätzung eingegangen ist und welche Positionen noch in einer Nutzen/Kosten-Gegenüberstellung fehlen. Die Verkehrsprognosen, die der wahrscheinlichen Streckenauslastung zu Grunde liegen, sind überholt und müssten erstmal aktualisiert werden. Auch ist die Strecke derzeit nicht voll ausgelastet, sodass problemlos 37 weitere Züge fahren könnten. Dann aber ohne zusätzlichen modernen Lärmschutz", warnt der Landtagsabgeordnete Dirk Schlömer, Mitglied im Verkehrsausschuss des Kreistags. "Die SPD plädiert daher dafür, vor solch wichtigen Entscheidungen erst einmal die Fakten umfassen zu prüfen. Es geht hierbei nämlich nicht um den schnellen parteipolitischen Punktgewinn, sondern um eine effektive Vertretung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den Siegtalkommunen. Mit dem Beschluss jetzt hat man in der Sache für die besorgten Anwohnerinnen und Anwohner überhaupt nichts erreicht."

Besonders verwunderlich ist die Haltung der CDU Rhein-Sieg in dieser Angelegenheit. Noch vor der Bundestagswahl 2013 erklärte die CDU-Abgeordnete und Vorsitzende der Christdemokraten im Kreis Winkelmeier-Becker, dass zur Verbesserung des Nahverkehrsangebots im östlichen Rhein-Sieg-Kreis der zweigleisige Ausbau der Strecke dringend notwendig sei und deshalb in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden müssen (nachzulesen z.B. in der Ausgabe des Rhein-Sieg-Anzeigers vom 10.09.2013).

"In der CDU Rhein-Sieg scheint man nicht mehr an einer Verbesserung für die Pendlerinnen und Pendler an der oberen Sieg interessiert zu sein. Anders kann man die spontane 180-Grad-Wende nicht erklären. Wer ernsthaft eine Verbesserung des Personenverkehrs für die Bahnnutzer in Eitorf und Windeck möchte, der müsste sich wenigstens auf die Diskussion um die nun vorliegenden Vorschläge einlassen. Daran könnte man dann Vor- und Nachteile bewerten und schauen, was sich für unsere Region erreichen lässt. Die CDU hat sich leider für die schnelle Show entschieden, nicht für die komplizierte politische Auseinandersetzung und den schwierigen Interessenausgleich", so der Bundestagsabgeordnete Sebastian Hartmann, Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages, mit Blick auf die Entscheidung im Verkehrsausschuss des Kreises.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Dietmar Tendler, kritisierte vor allem, dass der Antrag von CDU und Grünen erst am Tag der Sitzung bei der SPD eingegangen war: "Diese Hauruck-Aktion ist eine große Show, aber keine sachliche Auseinandersetzung. Auch die Grünen scheinen alle alten Forderungen nach Verlagerung von Verkehr auf die Schiene mit einem Handschlag über Bord geschmissen zu haben. Dass hier ein klassischer Zielkonflikt zwischen ökologisch sinnvollem Schienenverkehr und gegebenenfalls Lärmbelastung vorliegt, ist offensichtlich. Die Grünen im Rhein-Sieg-Kreis machen es sich allerdings erstaunlich einfach und springen auf den populistischen Zug des Koalitionspartners auf, der zurzeit laut hupend durch das Siegtal fährt."